STEVE COLEMAN (1998)

EIN MUSIKALISCHES SCHLÜSSELERLEBNIS WAR FÜR MICH...

Doug Hammond getroffen zu haben.

Ich weiß nicht, ob Sie die ganze Geschichte hören wollen-

die ist nämlich ziemlich lang...

Aber ihn zu treffen, seine Musik kennenzulernen - das hat mir entscheidende Impulse für meine Entwicklung gegeben.

EIN VÖLLIGER FEHLKAUF WAR DIE PLATTE...

Ich glaube nicht, daß ich je Geld für Platten verschwendet habe. Denn selbst von denen, die ich nicht mochte, habe ich doch etwas gelernt.

MAN KÖNNTE MICH NACHTS WECKEN FÜR...

Vielleicht ein paar neue Informationen über das alte Ägypten.

Das interessiert mich nämlich sehr. Jedenfalls fällt mir das als erstes ein.

ES FÄLLT MIR SCHWER ZUZUGEBEN, ABER ICH STEHE WIRKLICH AUF...

Ich schäme mich meiner Vorlieben nicht. Ich lasse nicht, wie andere Leute, Dinge im Verborgenen.

EINE MUSIK, DIE ICH MIR NOCH ERARBEITEN MUSS, IST...

Das kann eine lange Antwort werden.

Musik aus Indien; beispielsweise karnatische und Hindustani-Musik. Vieles aus Afrika. Manches aus Kuba.

EIN MUSIKALISCHER TRAUM VON MIR IST...

Ich weiß nicht recht, ob ich von "Träumen" sprechen sollte.

Es gibt etliche Projekte, die ich gerne tun würde oder Leute, mit denen ich gerne arbeiten würde.

Ich hätte gerne die Freiheit, das zu tun, was mir vorschwebt - und im Großen und Ganzen habe ich diese Freiheit auch.

Ich wünschte, kreative Musik wäre in der ganzen Welt akzeptiert. Ja, das wäre ein Traum - weil das sowieso nicht geschehen wird.

WICHTIGER ALS MUSIK IST MIR...

Das Leben, nehme ich mal an. Musik ist für mich nur eine Sprache, um Leben auszudrücken. Und damit meine ich nicht meinen "Lebensstil".

Mit "Leben" meine ich das belebte Universum.

BEETHOVEN...

Ein Genie. Das fällt mir als allererstes ein.

Eine große Inspiration für mich.

PRINCE...

Na gut, ich würde Prince nicht als "Genie" beichnen, aber er is ein brillanter Musiker und eine sympathische Person. Ich mag seine Musik.

JOHN CAGE...

Ähnlich wie Prince. Natürlich sind sie sehr unterschiedlich.

Ich habe großen Respekt vor ihm; ein sehr kreativer Individualist.

Bis jetzt laufen Sie offene Türen bei mir ein.

BEATLES...

Ich bin überhaupt nicht von den Beatles beeinflußt - nicht mal ein kleines bißchen.

Aber im Rahmen der Popmusik-Industrie waren sie offensichtlich von großem Einfluß auf viele Leute. Weil viele Leute häufig davon berichten.

JOHN ZORN...

Wie John Cage und die vorhin Genannten - ein kreativer Individualist; einer, der seiner eigenen Richtung folgt. Er ist sympathisch...was soll ich sonst noch dazu sagen?

KARLHEINZ STOCKHAUSEN...

Ich habe meine Favoriten. Beethoven, Bartok usw. stehen ganz oben. Aber gleich danach folgt eine Gruppe von Leuten, die ich sehr respektiere. Und Stockhausen gehört mit dazu.

MADONNA...

Eine gute Geschäftsfrau. Mit ihrer Musik habe ich nichts am Hut; die ist nichts mehr als das Werk von Produzenten.

MILES DAVIS...

Wollen Sie mich wirklich danach fragen?...

Miles Davis war ein großer Menschenkenner. Er hatte ein Gespür für Talente - war natürlich selbst ein großes Talent.

Es gab nur wenige bedeutende Bandleader; Duke Ellington war einer und Miles gehört auch dazu.

Er wußte, wie man aus ganz Wenig ganz Viel macht.

Ich habe ihn kennengelernt; er war eine sehr interessante Persönlichkeit.

PAVAROTTI...

Ich interessiere mich eigentlich mehr für solche Leute, die kreativ sind im Sinne von Komponisten und weniger für Interpeten. Aber wenn jemand ein großer Künstler ist, dann bin ich schon in der Lage, das zu würdigen.

ALBERT MANGELSDORFF...

Als ich mit Doug Hammond gearbeitet habe, geschah das beinahe ausschließlich in Deutschland. Damals habe ich ein wenig von Mangelsdorff kennengelernt. Aber ich habe mich seitdem um diese Szene kaum noch gekümmert.

ZAPPA...

Wieder einer, der seiner eigenen Richtung gefolgt ist. Und zwar in großer Unabhängigkeit. Das sind Aspekte, die ich an ihm mag. Außerdem ein heller Kopf, wie er über Musik gedacht und wie er Dinge kombiniert hat.Kein großer Einfluß auf mich; aber was ich von ihm gehört habe, das hat mir gut gefallen.

REIF FÜR DIE INSEL - DIESE PLATTEN NEHME ICH MIT...

Ich kann eher Künstler als bestimmte Aufnahmen benennen.

Denn wenn ich Künstler beurteile, dann beziehe ich ihr gesamtes Werk mit ein.

Ich würde wahrscheinlich etwas mitnehmen von Bartok.

Beethoven.

Duke Ellington.

Charlie Parker.

John Coltrane.

James Brown.

Etwas von...an dieser Stelle wird's schwierig.

Die vorhin Genannten mag ich sehr, und jetzt folgen so viele, daß ich gar nicht weiß, wo ich mit der Aufzählung beginnen soll.

(lacht)

Nein, meine eigenen Schallplatten würde ich nicht mitnehmen!

Damit würde ich keinen Platz verschwenden wollen.

Meine Musik ist in meinem Innern.

Was auf Schallplatten davon erscheint, das ist allenfalls ein Schnappschuß.

 


©2002 by Michael Rüsenberg